Abziehtische und Dampfbügeleisen

Endlich fertig mit dem Kürzen der Jackenärmel, eine ganze Dose voller Knöpfe hat wieder ihren Platz an den Ärmeln gefunden. Was geblieben ist, ist eine Werkstatt voller Fusel und Fäden.
Da kommt mir meine Lehrzeit in den Sinn. Wir waren immer 16–18 Personen, die in einer großen Werkstatt an zwei langen Tischen saßen und nähten. Die Werkstatt glich nicht einer großen Nähhalle mit Maschinen in Reih und Glied, wie sie uns von Bilder aus Fertigungsstätten bekannt sind, sondern bei uns wurde noch sehr viel von Hand gearbeitet. Wenn wir an die Nähmaschine wollten, mussten wir uns absprechen, um einen freien Platz zu bekommen. Auch das Bügeln war nicht so bequem wie heutzutage, denn es gab noch keine Abziehtische mit Dampfbügeleisen. Unser Bügelplatz war ein großer Tisch und darauf befanden sich 3 Bügeleisen (bzw. sie hängten an einer Schnur, welche an einer Vorrichtung an der Decke angebracht war). Dies war im Prinzip die einfache Ausführung der späteren Bügelanlagen mit Galgen, wo das Bügeleisen über dem Bügeltisch schwebt. Anfangs gab es auch keine Dampfbügeleisen und wir mussten mit nassen Tüchern hantieren, um unsere Nähte glatt zu bekommen. Das einzig Gute daran war, bügeln können wir alten Hasen aus dem FF. Denn wer bügeln ohne Dampfbügeleisen gelernt hat, der weiß wie man mit Stoffen sorgfältig umgeht damit sie keinen Glanz auf der rechten Seite erhalten. Daher ist bügeln eine sehr wichtige Arbeit beim Herstellen eines Kleidungsstückes, es heißt nicht umsonst „mit dem Bügeln macht sichs“.
Ich wollte jedoch noch über etwas ganz anderes noch berichten, dem alljährlichen Großputz unserer Schneiderwerkstatt.
Nach der großen Sommerpause war putzen angesagt. Es wurde alles ausgewischt, Schubkästen und Schränke neu eingeordnet, Maschinen geputzt und geölt.
Die ganze Aktion nahm meistens eine Woche in Anspruch. Was das tolle daran war, jedes Jahr mussten andere Lehrlinge dran glauben und putzen, der Rest der Mannschaft konnte sich noch über ein paar zusätzliche Ferientage freuen.
Nun ja, meine Maschinen und die Werkstatt musste ich allein putzen doch das ist bei der Größe des Raums nicht sehr schlimm. Was ich Dir aber damit sagen möchte, denke auch an Deine lieben Helferchen die Nähmaschinen und Overlock sie brauchen Pinsel, Lappen und Öl damit sie weiter gute Dienste leisten können.

Sieh Dir eins meiner besten Stücke an, darauf haben in über 20 Jahren schon etliche Personen genäht, Lehrlinge, Nähkursteilnehmer, Tochter und dann Enkelin und natürlich ich. Macht doch trotz der Jahre noch einen guten Eindruck. Eine Zusammenstellung über das Säubern und instandhalten der Nähmaschinen habe ich hier Maschinenkunde zusammengestellt.

Bis bald

EdithF

Aufgetrennt

Bei der Hitze zu Arbeiten macht überhaupt keinen Spaß. Doch was soll man tun, wenn Mithilfe bei einem Auftrag gefragt ist.

Es ist eine absolute Ausnahme, dass ich mich dieser Arbeit hingebe doch man hilft ja gern einmal aus.


Etliche Ärmelpaare starren mich an und wollen gekürzt werden. Bis es allerdings soweit ist, heißt es erst einmal auftrennen. 4 Knöpfe pro Ärmel, 2 Briefecken zwei verstürzte Untertritte, den Futterärmel lösen und nicht zu vergessen die Knopflöcher, welche nicht aufgeschnitten sind, entfernen. Danach das Ganze wieder so herstellen als, ob niemals etwas daran gemacht wurde.
Ja auch dies ist Arbeit, die in der Schneiderei erledigt wird, nur darüber wird ungern berichtet.
Jahrzehntelang habe ich mich fast täglich mit derlei Arbeit befasst, denn von dem wo gern jeder träumt, der kreativen Arbeit ein tolles Kleidungsstück anzufertigen, kann man meisten nicht leben. So kommt es dann, dass die Kasse durch Änderungen und andere Auftragsarbeit gefüllt werden muss.
Ja und diese Änderungen sind oft nicht so einfach zu bewerkstelligen, wie sich manch einer dies so vorstellt. Eine gut gemachte Änderung lässt das Kleidungsstück hinterher so aussehen als, ob es so von der Stange gekommen ist.
Ich habe ja diesen Sommer schon von meinem Einsatz als Prüfungsaufsicht in meinem Beitrag Beinkleider bei der Gesellenprüfung berichtet. Der erste Tag ist auch Prüfungstag speziell für ausgebildete Änderungsschneider. Eine gute Änderungsschneiderei verfügt über solche Mitarbeiter und erledigt die Aufgaben, die eine Änderung eines Kleidungsstückes an den Schneider stellt, sicher sehr gut.
Wenn Du Dir Fachwissen aneignen möchtest, dann erkundige Dich bei Deiner zuständigen HWK ob Du eine Ausbildung als Änderungsschneider machen kannst. Diese ist kürzer als die normale Ausbildung zum Maßschneider.

Ich mache mich nun an den nächsten Arbeitsgang, dem bügeln bei der Hitze.

Das wäre mir zwar jetzt lieber, entweder ein Spaziergang unser Tal entlang und die Füße kühlen im sprudelnden Flusswasser oder abtauchen im Swimmingpool in Nachbars Garten.

Bis bald

EdithF

Fashion Show

Vor eineinhalb Wochen am Freitagabend war es wieder mal so weit, die Modeschaffenden trafen sich zur alljährlichen Fashion Show der staatlichen Modeschule Stuttgart.
Wie jedes Jahr war diese Modenschau auch gleichzeitig der Anlass für die Überprüfung des passenden Outfits im eigenen Kleiderschrank. Tage vorher machte ich mir schon Gedanken darüber, was kann ich anziehen. Schließlich will man ja nicht unangenehm auffallen im Kreis der Kollegen, die sich mit Sicherheit alle fein herausgeputzt haben zu diesem Anlass.
Doch seit einiger Zeit habe ich mein Kleider-Reservoir etwas vernachlässigt. Seit ich nicht mehr gezwungen bin ein paar schicke Kleider und Kostüme zu bevorraten, habe ich auch keinen Blick mehr auf die Passform der vorhandenen Outfits geworfen.
Na ja was soll ich sagen, das Problem war nicht zu übersehen, die Taille war aus dem Ruder gelaufen. Nun stand ich da und meine Gedanken rauschten um die Möglichkeiten herum, wie kann ich das lösen. Erweitern in der Taille, das brachte kein zufriedenstellendes Ergebnis. Also was blieb mir dann letztendlich als einziger Ausweg noch übrig, es musste was Neues her.
Doch damit begann erst das große Übel, das neue Teil musste in perfekter Maßschneiderarbeit hergestellt werden. Und diese geht nicht in ein paar Stunden. Zuerst musste ein passender Schnitt hergestellt werden, nach dem Zuschnitt und Anprobe fielen dann sicher ein paar Änderungen an. Danach würde ich die endgültige Passform mit genauen Nahtzugaben nochmal ausschneiden, Teile die eine Stabilisierung brauchten mit Einlage versehen (Einlage, Nahtbänder usw. sind oft das unsichtbare Geheimnis eines maßgeschneiderten Kleidungsstückes). Nach all diesen Vorbereitungen könnte dann die Arbeit an der Nähmaschine beginnen. Bis das ganze Teil dann zum Anziehen bereit ist, vergehen etliche Stunden.
Was also tun? Ich suchte noch ein wenig im Kleiderschrank herum und blieb letztendlich wieder einmal an meinem Retter in der Not hängen, meiner schwarzen Hose. Schlicht geschnitten mit seitlichem Reißverschluss und engen Beinen passte sie noch immer ins modische Bild unserer Zeit. Doch was ziehe ich dazu an, einst passten meine kleinen Jäckchen mit Top darunter perfekt dazu, doch nun! Also weiter suchen.
Da fiel mir meine bunte Sommerbluse ein, die ich schon in kleiner Abwandlung in einem anderen Stoff hergestellt hatte. Der Schnitt passt perfekt und ein wunderbarer Musselin Stoff kam aus meinen Vorräten zum Vorschein, der sich für eine sommerliche Bluse hervorragend verarbeiten lassen würde. Ich holte meinen Blusenschnitt heraus, bügelte im Stoffstück für das Vorderteil ein paar Falten ein, nähte sie ab und legte dann den Schnitt darauf und es entstand eine sehr luftige leichte Sommerbluse, welche den kritischen Blicken meines Berufsstandes absolut standhalten konnte.

Verarbeitung von Einlage und Nahtbänder in der Schneiderei, wo braucht man sie. Dazu nächstes Mal mehr.

Bis bald

EdithF